Unterricht für geflüchtete Frauen aus Afghanistan in Zeiten von Corona
Die Corona-Krise hat auch weite Teile unseres Präsenzangebots beeinflusst. Da wir nicht möchten, dass der Lernprozess der Teilnehmerinnen unterbrochen wird, haben wir uns neue Unterrichtsformen überlegt. Diese Situation erfordert Kreativität, Improvisationstalent und besonderes Einfühlungsvermögen der Dozentinnen und nicht zuletzt zusätzlichen Zeitaufwand, weil völlig neues Unterrichtsmaterial konzipiert und hergestellt werden muss. Die besondere Herausforderung liegt darin, die Teilnehmerinnen unter diesen Umständen zum Lernen und Durchhalten zu motivieren. Das Lernen von Zuhause stellt auch die Teilnehmerinnen vor eine Multitasking-Aufgabe: Einige der Teilnehmerinnen haben Kinder, die nun zuhause betreut werden müssen und auch die Arbeit mit digitalen Materialien ist für einige ungewohnt. Manche Inhalte können allerdings gut über Facebook und Whatsapp kommuniziert werden – hierbei helfen die Kinder ihren Müttern häufig auch.
Wir haben seit der Aussetzung des Präsenzunterrichts einige Methoden erprobt: Die Teilnehmerinnen bearbeiten Seiten im Buch oder Arbeitsblätter zuhause, fotografieren sie mit ihrem Smartphone und schicken sie an ihre Dozentin, die sie korrigiert und auf dem gleichen Weg zurückschickt; zusätzlich erstellen die Dozentinnen Lösungsblätter. Die Dozentinnen nehmen bestimmte Übungen (zur Aussprache, Sätze zum Nachsprechen usw.) als Audio auf, und die Teilnehmerinnen schicken die nachgesprochenen Audios zurück. Die Dozentinnen erstellen Videos (z.B. zur Erklärung oder Bearbeitung von Hausaufgaben). Die Dozentinnen führen die Teilnehmerinnen in das VHS-Lernportal ein (ein bundesweites Angebot der Volkshochschulen für den digitalen Unterricht). Die Dozentinnen erstellen Power-Point-Präsentationen (z.B. zum Ablauf der Registrierung im Lernportal der VHS), gegebenenfalls von einer Kollegin übersetzt. Die Teilnehmerinnen und die Dozentinnen führen Live-Video- oder Audio-Chats durch, um mündliche Kommunikation, Aussprache usw. zu üben oder auch, wenn die schriftliche Kommunikation nicht ausreicht (direktes Feedback möglich). Die Dozentinnen kontaktieren die Teilnehmerinnen telefonisch, um sie zur Teilnahme zu motivieren – manchmal rufen auch die Teilnehmerinnen an, wenn sie Fragen haben. Die Arbeitsblätter werden aus dem Büro per Post an die Teilnehmerinnen geschickt (weil der Bildschirm auf dem Smartphone für vieles zu klein ist).
Nach anfänglichen Schwierigkeiten (Motivation, technische Probleme etc.) funktioniert der digitale Unterricht reibungsloser, weil Teilnehmerinnen und Dozentinnen mehr Übung bekommen. Selbstverständlich sind die eingesetzten Methoden langfristig kein vollständiger Ersatz für den Präsenzunterricht. Jedoch wurde durch die Erprobung der verschiedenen Methoden deutlich, dass künftig der Einsatz von Leihgeräten wie Tablets für den Unterricht eine sinnvolle Ergänzung ist und die Teilnehmerinnen dadurch größeres Selbstvertrauen im Umgang mit digitalem Unterricht entwickeln. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei eine begleitende Schulung an den Geräten, die in den bestehenden EDV-Unterricht integriert werden kann.